Gemeinsame Pressemitteilung des BMJ und BMG zur Pandemievorsorge 03.08.2022

 

Pandemievorsorge für Herbst und Winter:
neuer rechtlicher Rahmen im Infektionsschutzgesetz

Das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) und das Bundesministerium
der Justiz (BMJ) haben unter Beteiligung des Bundeskanzleramtes einen
Vorschlag für eine Fortentwicklung des Infektionsschutzgesetzes (IfSG)
erarbeitet. Das IfSG enthält unter anderem die rechtlichen Grundlagen zur
Pandemiebekämpfung. Die bisherigen auf die COVID-19-Pandemie bezogenen
Sonderregeln sind bis zum 23. September 2022 befristet. Im Herbst und Winter

ist mit einem saisonalen Anstieg der COVID-19-Fälle zu rechnen – und mit
einer gesteigerten Belastung des Gesundheitssystems und der sonstigen
kritischen Infrastrukturen. Deshalb sind modifizierte Anschlussregeln
erforderlich. Der Vorschlag sieht lageangepasste Rechtsgrundlagen vom
1. Oktober 2022 bis zum 7. April 2023 vor. Die bisherigen
pandemiebedingten Sonderregelungen des Infektionsschutzgesetzes (IfSG)
werden bis zum 30. September 2022 befristet.

Bundesminister für Gesundheit Prof. Karl Lauterbach:
Deutschland soll besser als in den vergangenen Jahren auf den nächsten
Coronawinter vorbereitet sein. Dafür haben wir einen 7- Punkte-Plan
entwickelt. Die jetzt vereinbarten Anpassungen des IfSG sind Teil dieses Plans
zur Umsetzung der Corona-Herbststrategie. Impfkampagne mit neuen
Impfstoffen, Pandemieradar mit tagesaktuellen Daten, Test- und
Behandlungskonzepte, Schutzkonzepte für Pflegeheime und ein rechtssicherer
Rahmen für Schutzmaßnahmen: Damit können wir arbeiten. Mit einem
solchen IfSG-Stufenmodell geben wir Bund und Ländern rechtssichere
Werkzeuge zur Pandemievorsorge an die Hand. Dazu gehört der bundesweite
Einsatz von Masken und zielgerichtetes Testen für besonders gefährdete
Personen. Ab 1.10. können die Länder die Maskenpflicht in den Innenräumen
nutzen. Wenn die Situation es gebietet, gilt auch eine Maskenpflicht bei
Außenveranstaltungen und es kommt zu Obergrenzen im öffentlichen Raum.
Wir können die Pandemie nur gemeinsam überwinden.“

Bundesminister der Justiz Dr. Marco Buschmann:
Vorbereitet sein – Verhältnismäßigkeit wahren – vulnerable Personen
schützen: An diesen drei V orientiert sich unser Corona-Schutzkonzept für die
Zeit ab Oktober. Wir nehmen die Pandemie weiter ernst. Und vor allem
nehmen wir die Grundrechte ernst. Auch im Herbst und Winter gilt:
Freiheitseinschränkungen darf es nur geben, wenn sie erforderlich sind.
Lockdowns und Ausgangssperren erteilt unser Konzept deshalb eine Absage.
Stattdessen setzen wir auf Maßnahmen, die wirksam sind und zugleich
zumutbar.
Masken schützen. Und in bestimmten Situationen ist eine Maskenpflicht auch
zumutbar. Deshalb wird es in Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen sowie
im Fernverkehr eine Maskenpflicht geben. Wenn das Pandemiegeschehen dies
erfordert, können die Länder daneben für weitere Bereiche des öffentlichen
Lebens in Innenräumen eine Maskenpflicht anordnen. In Kultur, Freizeit, Sport
und Gastronomie muss es allerdings Ausnahmen für getestete, frischgeimpfte
und frischgenesene Personen geben. In diesen sozialen Bereichen ist es richtig,
mehr auf die Eigenverantwortung der Zivilgesellschaft zu setzen – so wie es
auch die meisten anderen europäischen Staaten tun.
Den Schulen gilt unser besonderes Augenmerk. Kinder haben ein Recht auf
schulische Bildung und einen möglichst unbeschwerten Schulalltag.
Schulschließungen darf es deshalb nicht geben. Auch eine pauschale
Maskenpflicht an Schulen wäre nicht angemessen. Die Länder werden eine
Maskenpflicht an Schulen deshalb nur anordnen können, wenn dies
erforderlich ist, um weiter Präsenzunterricht durchführen zu können – und
auch dann nur für Kinder ab der fünften Klasse.
Unser Schutzkonzept ist die richtige Antwort auf die jetzige Pandemielage. Ich
bin froh, dass wir uns innerhalb der Bundesregierung so zügig darauf
verständigt haben. Wir folgen damit genau dem vereinbarten Fahrplan. Bis
Ende September ist ausreichend Zeit, um das Gesetzgebungsverfahren zu
einem überzeugenden Abschluss zu bringen.“

Der Vorschlag für die Fortentwicklung des IfSG sieht ein mehrstufiges,
lagebezogenes Schutzkonzept vor. Danach sollen zwischen Anfang Oktober
und Anfang April bestimmte bereichsspezifische Schutzmaßnahmen
bundesweit gelten. Vorgesehen ist ferner, dass die Länder bestimmte
weitere Schutzmaßnahmen anordnen können, soweit dies erforderlich ist,
um die Funktionsfähigkeit des Gesundheitssystems oder der sonstigen

kritischen Infrastruktur zu gewährleisten und einen geregelten
Schulunterricht in Präsenz aufrechtzuerhalten. Sofern in einem Land eine
konkrete Gefahr für die Funktionsfähigkeit des Gesundheitssystems oder
der sonstigen kritischen Infrastruktur besteht, kann das Land – nach einem
Parlamentsbeschluss – in betroffenen Gebietskörperschaften bestimmte
weitergehende Schutzmaßnahmen anordnen.

Schutzmaßnahmen vom 1. Oktober 2022 bis zum 7. April 2023:

Bundesweit geltende Schutzmaßnahmen

  • Maskenpflicht im Luft- und öffentlichen Personenfernverkehr.
  • Masken und Testnachweispflicht für den Zutritt zu Krankenhäusern,sowie,voll- und teilstationären Pflegeeinrichtungen und vergleichbaren          Einrichtungen sowie für Beschäftigte in ambulanten Pflegediensten und vergleichbaren Dienstleistern während ihrer Tätigkeit.
  • Ausnahmen von der Testnachweispflicht sind vorgesehen für frisch
    geimpfte und genesene Personen sowie für Personen, die in den jeweiligen
    Einrichtungen oder von den jeweiligen Dienstleistern behandelt, betreut
    oder gepflegt werden.
  • Ausnahmen von der Maskenpflicht sind vorgesehen, wenn die Behandlung
    dem Tragen einer Maske entgegensteht sowie für in den jeweiligen
    Einrichtungen behandelte oder gepflegte Personen in den für ihren
    persönlichen Aufenthalt bestimmten Räumlichkeiten; ferner für Kinder
    unter 6 Jahren, für Personen, die aus medizinischen Gründen keine Maske
    tragen können, sowie gehörlose und schwerhörige Menschen.

Optionale, weitergehende Schutzmaßnahmen der Länder

Die Länder können weitergehende Regelungen erlassen, um die
Funktionsfähigkeit des Gesundheitssystems oder der sonstigen kritischen
Infrastruktur zu gewährleisten. Diese möglichen Maßnahmen in
Länderverantwortung sind:

  •  Maskenpflicht im öffentlichen Personennahverkehr.
  • Maskenpflicht in öffentlich zugänglichen Innenräumen. Eine

          zwingende Ausnahme ist bei Freizeit-, Kultur- oder
          Sportveranstaltungen, in Freizeit- und Kultureinrichtungen sowie
          in gastronomischen Einrichtungen und bei der Sportausübung für
          Personen vorzusehen, die über einen Testnachweis verfügen oder
          genesen sind (Genesenennachweis; es gilt die bisherige 90 Tage-

          Frist) oder die vollständig geimpft sind und bei denen die letzte
          Impfung höchstens drei Monate zurückliegt.
Verpflichtung zur
Testung in bestimmten

  • Gemeinschaftseinrichtungen (z.B. Einrichtungen zur
    Unterbringung von Asylbewerbern, Hafteinrichtungen,
    Kinderheimen) sowie Schulen und Kindertageseinrichtungen.
  • Maskenpflicht in Schulen und sonstigen Ausbildungseinrichtungen
    für Beschäftigte und für Schülerinnen und Schüler ab dem fünften
    Schuljahr, wenn dies zur Aufrechterhaltung eines geregelten
    Präsenz-Unterrichtsbetriebs erforderlich ist.
    Stellt ein Landesparlament für das gesamte Bundesland oder eine konkrete
    Gebietskörperschaft anhand bestimmter, gesetzlich geregelter Indikatoren
    eine konkrete Gefahr für die Funktionsfähigkeit des Gesundheitssystems
    oder der sonstigen kritischen Infrastrukturen fest, können dort außerdem
    folgende Maßnahmen angeordnet werden:
  • Maskenpflicht bei Veranstaltungen im Außenbereich, wenn ein
    Mindestabstand von 1,5 m nicht eingehalten werden kann, sowie
    bei Veranstaltungen in öffentlich zugänglichen Innenräumen. Die
    Ausnahmeregelung für genesene, frisch geimpfte oder getestete
    Personen gilt dann nicht.
  • Verpflichtende Hygienekonzepte (Bereitstellung von
    Desinfektionsmitteln, Vermeidung unnötiger Kontakte,
    Lüftungskonzepte) für Betriebe, Einrichtungen, Gewerbe, Angebote
    und Veranstaltungen aus dem Freizeit-, Kultur- und Sportbereich
    für öffentlich zugängliche Innenräume, in denen sich mehrere
    Personen aufhalten.
  • Anordnung eines Mindestabstands von 1,5 m im öffentlichen
    Raum.
  • Festlegung von Personenobergrenzen für Veranstaltungen in
    öffentlich zugänglichen Innenräumen.

Der Vorschlag für die Fortentwicklung des IfSG soll voraussichtlich noch
im August vom Bundeskabinett beschlossen werden. Anschließend soll er
in das bereits laufende Verfahren zum Gesetz zur Stärkung des Schutzes der
Bevölkerung und insbesondere vulnerabler Personengruppen vor COVID-
19 eingebracht werden. Dadurch ist sichergestellt, dass die Regelungen
rechtzeitig in Kraft treten können.